Geschichte der Matthäuskirche

Die Historie der Reformierten Kirche der Stadt Luzern

Die Reformierte Kirchgemeinde blickt auf eine lange Geschichte zurück. Lesen Sie mehr über die Entstehung und Historie der evangelisch-reformierten Gemeinde.

Nach wiederholten reformatorischen Aufbrüchen, die allesamt unterdrückt wurden, dauerte es bis ins 19. Jahrhundert, bis in Luzern eine reformierte Gemeinde entstehen konnte. Der Preussenkönig Friedrich Wilhelm III. und die Stände Zürich und Bern spendeten zur Gemeindegründung (1827) je einen kostbaren Abendmahlskelch. Nicht nur deutsche, auch englische Feriengäste drängten danach immer wieder zum Bau einer Kirche. Der Besitzer des Hotels Schweizerhof stellte schliesslich ein geeignetes Grundstück neben dem Hotel zur Verfügung, auf dem die Matthäuskirche erbaut wurde. Am 30. Januar 1860 wurde der Grundstein für die erste protestantische Kirche in der Zentralschweiz gelegt. Der bekannte Zürcher Architekt Ferdinand Stadler entwarf eine dreischiffige, neugotische Basilika nach englischem Vorbild.

Am 29. September 1861 konnte die reformierte Matthäuskirche feierlich eingeweiht werden. (Vgl. Stahlstich nebenan von Huber, ca. 1864). Die Finanzierung war für die damalige kleine protestantische Gemeinde in Luzern ein grosses Problem. Dank Spenden aus der ganzen Schweiz konnte aber doch mit dem Bau begonnen werden. An diese gesamtschweizerische Hilfe erinnern 22 Kantonswappen in den Seitenfenstern. Das Fundament ruht auf einem Eichenbohlenrost, der auf viele gerammte Pfähle gelegt ist. In den Jahren 1951/52 wurde der Innenraum einer nachhaltigen Renovation unterzogen, bei der viele ursprüngliche Gestaltungselemente entfernt wurden. Auch der Taufstein und der eiserne Leuchter sind verschwunden.

Am Eingang erinnert ein in Sandstein gehauenes Relief an den Luzerner Reformator und Humanisten Oswald Geisshüsler, genannt Myconius (1488- 1552). Er leitete die Hofschule in Luzern. Weil er als Freund Zwinglis fortschrittliche Ideen vertrat, wurde er entlassen und kam nach Zürich an die Fraumünsterschule. Nach Zwinglis Tod 1532 übernahm er in Basel das Amt des Antistes (Vorstehers der Kirche) und des Münsterpfarrers. Er starb 1552 in Basel.

Bei der 2005 durchgeführten Innenrenovation wurde der Haupteingang zur Kirche als Vorraum (Narthex) neu gestaltet und dient auch als Begegnungs- und Besprechungsraum. Von diesem Vorraum ist heute die Empore direkt erreichbar. Die Luzerner Künstlerin Johanna Näf entwickelte ein gestalterisches Konzept für die Verglasung dieses Vorraumes, die in einem spannungsvollen Dialog zum gegenüberliegenden Chorfenster steht.

Das grosse Glasfenster im Chor zeigt die vier Evangelisten mit ihren Symbolen. Von links nach rechts: Lukas mit dem Stier, Markus mit dem Löwen, Matthäus mit dem Engel, und Johannes mit dem Adler.

Recht tragen die Fenster der Matthäuskirche die Wappen der Kantone. Die älteste reformierte Kirche der Zentralschweiz ist ein Symbol nationaler evangelischer, ja sogar ökumenischer Solidarität. Kantonsregierungen, Kirchen und Private aus der ganzen Schweiz haben sich an der Finanzierung des Kirchenbaus beteiligt. Die bei der Innenrenovation von 1951 installierten Bänke wurden 2005 durch Stühle ersetzt, die eine flexible Nutzung des ganzen Raums gestatten. Die Kirche war von Anfang an nicht nur den rund 1000 Reformierten im Raum Luzern religiöse Heimat, sondern auch zahlreichen ausländischen Gästen. Regelmässig wurden Gottesdienste in französischer und englischer Sprache abgehalten. Für den Ferienaufenthalt von Queen Victoria im Sommer 1868 mussten einige Umbauten am Mobiliar vorgenommen werden. Die eigens für die Königin gepolsterte Bank ist nicht mehr erhalten, wohl aber die Glocken der Kirche, die Dank ihrer und anderer Spenden kurze Zeit danach angeschafft werden konnten. Die vier Glocken, sie sind auf e‘, g‘, h‘ und e gestimmt und wurden im Jahr 1869 von der Glockengiesserei Jakob Keller in Zürich gegossen.

An der Rückwand befindet sich die Orgel in ihrem farbig dekorierten Gehäuse. Sie wurde 1971 von der Orgelbaufirma J. Neidhart und G. Lhôte aus St. Martin, Neuenburg erbaut, hat 39 Register, auf drei Manuale und das Pedal verteilt, und ist im neobarocken Stil intoniert. Schon vor 1860 hatte Richard Wagner längere Zeit im Hotel Schweizerhof gewohnt und dort an seiner Oper „Tristan und Isolde“ gearbeitet. Im Landsitz Am Rhyn auf Tribschen fanden er und Cosima von Bülow einen ruhigen Ort für die Arbeit und die Familie. Die Geburt von Siegfried am 6. Juni 1869 war für Cosima der Anlass, von ihrem Mann Hans von Bülow die Scheidung zu erbitten. Am 25. August 1870 wurden Cosima und Richard Wagner in der Matthäuskirche von Pfarrer Johann Tschudi getraut. Siegfrieds Taufe fand am 4. September 1870 statt. Als Taufzeugen wurden König Ludwig II von Bayern und die Gräfin Caroline Waldbott-Bassenheim eingetragen. Der König war allerdings nicht persönlich anwesend.