Kirchensplitter
Kleider machen Kirche
Pfarrer Christoph Thiel
«Was ziehst du an?» – So fragt mich der katholische Kollege in der Regel, wenn wir als ökumenisches Team auftreten. Einweihungen z.B. sind kleidungstechnisch eine unsichere Geschichte. Beim Jubla-Haus in Ballwil mit Pater Christian hatte ich noch kurz überlegt, mein altes Pfadi-Hemd hervorzukramen, samt Lederknoten und Tuch. Vielleicht witzig für die Jugend, aber neben dem Weihrauch schwenkenden Pater in Amtstracht eher unangebracht.
Mit meiner Kleidung sende ich Botschaften. Das Pfadi-Hemd meint: «Ich bin wie ihr»; der graue Anzug mit Krawatte bedeutet: «Ich mache heute etwas Besonderes», mein Talar bedeutet: «Ich habe studiert, und man kann mich mit einem Richter vergleichen.»
Was zieht die Kirchenleitung an? Die entsprechenden Personen stehen noch viel mehr in der Öffentlichkeit. Sie müssen sich vor einem Millionenpublikum äussern, zu Mitgliederschwund und Missbrauchsaufarbeitung. Und sie geben allein mit ihrer Kleidung ein Statement ab, was die Kirche sei.
Kürzlich in den Hauptnachrichten mussten wieder zwei zur selben Fragestellung vor die Kamera. Zuerst der Priester: Im Gang zwischen den Kirchenbänken, das Hemd im Holzfällerstyle, altmodische Nickelbrille, ungepflegter Bart, im Ton aber nachdenklich und mit seiner unbeholfenen Rhetorik irgendwie berührend. Dagegen die reformierte Kirchenpräsidentin, auch Theologin: gepflegte Erscheinung, auf dem Gang vor dem Büro, passendes hochwertiges Kostüm, geschliffene druckreife Sätze mit dem Inhalt: Die reformierte Kirche sei sehr gut aufgestellt.
Sie wollte offensichtlich einen mediengerechten Eindruck machen und hat sich das von Vertreterinnen anderer Organisationen abgeschaut. Die Botschaft aber ist auch: Wir sind so ähnlich wie die, die wir nachzumachen versuchen. Auch ein Weg. Ich persönlich finde ihn sogar besser, als sich ein dickes Kreuz um den Hals zu hängen, wie ich es aus dem Luthertum kenne. Zum Schluss lasst uns in die Bibel schauen: Der Apostel Paulus war im Hauptberuf Handwerker (und nach eigener Einschätzung ein miserabler Redner). Den stelle ich mir eher kleidungstechnisch unterbelichtet vor. Und Jesus hat eine deutliche Meinung zum Thema: «Sorgt euch nicht darum, was ihr anziehen sollt». Einfach nicht so viel drüber nachdenken. Mal sehen, wie das bei unseren Jugendlichen ankommt …